Die "Liller Kriegszeitung" 1914/15

 

Meine Gefangenschaft in Frankreich

Von Oberarzt Dr. Kayser.

Meine Gefangennahme erfolgte am 29. August, abends gegen 10 1/2 Uhr in Liedersingen.
Nach Beendigung des Gefechts bei Liedersingen hatte ich meinen Notverbandsplatz von der Höhe in eines der ersten Häuser des Dorfes verlegt, am den Verwundeten besser Kaffee und Wasser verabreichen zu können und um bei Einbruch der Dunkelheit Licht zu haben. Der Abtransport der Versorgten gestaltete sich bei der grossen Anzahl und dem Wagenmangel nicht leicht. Unterstützt wurde ich durch einen Halbzug der 3. bayrischen Sanitätskompagnie unter Führung des Herrn Leutnant Söldner. Nach 10 Uhr waren noch neun deutsche und zwei französische Verwundete wegzubringen; sieben waren bereits auf einen Befehlswagen verladen, als wir plötzlich aus nächster Nähe Gewehrfeuer erhielten. Ich liess die Lichter auslöschen und befahl den Leuten, Deckung zu suchen. Nach und nach flüchteten alle in ein Haus; zum Schluss begab ich mich auch hinein. - Soweit ich feststellen konnte, war von den Leuten niemand verletzt worden. Nach einigen Minuten wurde von einer französischen Abteilung geklopft und Öffnung der Tür verlangt. Dem eintretenden französischen Offizier oder Sergeanten vom 69. Inf.-Regt. rief ich zu, dass er eine deutsche Ambulanz vor sich habe. Nach Durchsuchung des Kellers wurden wir alle ins Freie geführt, durchsucht, und es wurde uns alles abgenommen bis auf Uhr und Geld. So verlor ich meine sämtlichen Papiere, mein Fernglas, meinen Leibriemen mit daran befestigtem Browning, meine ärztlichen Instrumente und was ich sonst in den Taschen hatte. Auch meinen Mantel, der auf mein mitgefangenes Pferd gebunden war, liess man mir nicht, trotz wiederholter Bitten an diesem und den folgenden Tagen.
Nach der Durchsuchung wurden wir in das Schulhaus geführt und dort von einem Bataillons-Adjutanten verhört. Er interessierte sich hauptsächlich für unseren Truppenteil, die Stärke der deutschen Truppen in der Gegend, den Zweck, den unsere Heeresleitung damit verfolge, dass sie bei Angriffen trotz errungener Erfolge wieder zurückgehen lasse, für den Grund, weshalb von unserer Seite nur Artillerie verwendet würde, sowie für die Wirkung der französischen Artillerie. Selbstverständlich erhielt er von aus keine Auskunft.
Die Wachmannschaft benahm sich ziemlich freundlich und gab uns Wasser und Brot. Nächsten Morgen wurden wir - Leutnant Söldner und ich, mein Sanitätsunteroffizier und gegen 40 Krankenträger - weitertransportiert. Nach einem Marsch von etwa fünf Kilometern über die Höhe von Liedersingen und durch zwei Dörfer, die mit französischen Soldaten dicht gefüllt waren, wurden wir einem Divisionsarzt vorgestellt, der erklärte, ich würde mit meinem Sanitätsunteroffizier am selben Tage oder nach zwei bis drei Tagen zu meinem Truppenteil oder nach Deutschland zurückgeschickt, während Leutnant Söldner mit den Krankenträgern vorläufig gefangen gehalten würde. Nach kurzem Aufenthalt, während dessen sich die französischen Soldaten nicht unfreundlich benahmen, ging der Transport wieder einige Kilometer weiter in ein Dorf, dessen Namen ich nicht kenne und wo wir längere Zeit rasteten. Schon unterwegs wurden wir von französischen Truppenärzten freundlich begrüsst. Einer davon ersuchte mich, auf dem Verbandsplatz zu helfen, da sie Ärztemangel hätten. Ich sagte gerne zu. In die Scheune, in der der Verbandsplatz eingerichtet war, wurden massenhaft Verwundete herbeigeschafft, und zwar in eigens dazu hergerichteten Wagen sowie Behelfswagen. An- und Abtransport ging sehr flott von statten. Die Verletzungen waren durchweg hervorgerufen durch unser Artilleriefeuer und betrafen fast ausschliesslich Beckengegend und untere Gliedmassen. Die Wunden wurden mit Jodtinktur ausgepinselt und mit dem kleinen französischen Verbandspäckchen versorgt. Bei grösseren Verletzungen wurde das grosse Verbandspäckchen benutzt. Das Verbandsmaterial war in grossen viereckigen Körben untergebracht, grosse und kleine Päckchen in jedem Korb gesondert. Die Beförderung fand auf einem schlechten zweiräderigen Karren statt. Die Tätigkeit der Ärzte war nicht gewandt, und bald versorgte ich mit meinem Sanitätsunteroffizier sämtliche Verwundete.
Während dieser Arbeit wurde Leutnant Söldner mit den Krankenträgern weiterbefördert. Der Sanitätsunteroffizier und meine Ordonnanz blieben bei mir. Nach dem Mittagessen wurde mir eröffnet, dass ich einige Tage bei dem Regiment, das sich aus Soldaten mit den Regimentsnummern 79, 137, 32 u. a. zusammensetzte, zu verbleiben hätte.
Um 4 Uhr begann der Weitermarsch von einem Dorf zum ändern, mit kürzerer oder längerer Rast. Abends setzte ein sehr langer Marsch ein bis nach Moyenvie:
nach einer Stunde Aufenthalt ging es weiter in die Gegend von Chateau-Salms, wo geschanzt wurde. Gegen Morgen wurde in der Gegend von Arracourt gelagert. Um die Mittagsstunde wurde aufgebrochen, und nun ging es in sehr beschleunigtem Marsch weiter, und ich sah auch, wie sich andere Truppenformationen rückwärts bewegten. Die Batterien, an denen ich vorbeikam, standen in sehr guter Deckung.
Aus den Äusserungen der Ärzte merkte ich, dass eine böse Wendung eingetreten sei. Gegen Abend musste das Bataillon ausschwärmen, da man einen Angriff unserer Kavallerie befürchtete. Immer weiter ging der schnelle Rückzug, soviel ich sehen konnte in vollkommener Ordnung, bis wir gegen Mitternacht in St. Nicolas du Port ankamen.
Die Verpflegung der Truppen bestand in Konserven, von denen jeder Mann eine grössere Menge bei sich trug. Mittags verabreichte man ihnen ein Stück rohes Fleisch, das sie auf einem sehr geschickt hergerichteten Feuer zubereiteten. Essen konnte jeder, wann er wollte. Von schlechter Kleidung, besonders Fussbekleidung, habe ich nicht viel bemerkt. Die Marschleistung der Franzosen musste ich bewundern. Allerdings ist die Marschordnung keine solch disziplinierte und geschlossene wie bei uns. Die Leute treten z. B. aus, um ihr Essen zu bereiten, wann sie wollen, und kommen dann in Trupps hinterhergezogen. Ich sah eine ganze Reihe französischer Soldaten, die deutsche Militärmäntel trugen und deutsche Kochgeschirre mit sich führten.
Das französische Pferdematerial war durchweg nicht gut und hielt den Vergleich mit deutschen Pferden, die ich vor weggenommenen Wagen einer Maschinengewehrabteilung sah, in keiner Weise aus.
Von den Offizieren, die ich sah, waren die meisten aus dem Unteroffizierstande hervorgegangen. Nur wenige fand ich, die die Kriegsschule besucht hatten.
Unsere Verpflegung war während des Marsches sehr knapp; wenig Brot, ein sehr kleines Stück Fleisch oder Konserven, nachmittags ein wenig guten Kaffee.
In St. Nicolas du Port wurde übernachtet und am nächsten Morgen wurde mir eröffnet, dass ich die Truppe zu verlassen hätte, aber nicht zurückgeschickt würde, da man das Verhalten Deutschlands in der Ärztefrage nicht kenne. Mit herzlichen Dankes Worten für meine Hilfe nahm der Regimentsarzt Abschied von mir.
Am Bahnhof traf ich drei deutsche Offiziere mit ungefähr 100 Mann vom Infanterie-Regiment 137 - Hauptmann Walzer, Oberleutnant d. R. Jenke und Leutnant Weihe - die am 20. bei Dieuze gefangen genommen waren. Mit ihnen wurde ich zum Zug gebracht, und nun gings in 56 stündiger Eisenbahnfahrt nach Perpignan in den Pyrenäen.
Waren wir seither mit wenig Ausnahmen (Reservisten) von den Soldaten unbehelligt geblieben, so änderte dies sich jetzt. Schon vor der Unterbringung im Zug wollte sich ein französischer Soldat, der wie ein Schlosshund heulte, auf mich stürzen, und konnte nur mit Mühe abgehalten werden, sich an mir zu vergreifen. Auf dem Transport benahmen sich Militär und Publikum, Männer und Frauen aller Klassen, in einer unglaublichen Weise. Gerade die Offiziere waren Gegenstand aller möglichen Beschimpfungen. Von den Soldaten verlangte man nur "Souvenirs"; man nahm ihnen Mütze und Helm weg und gab ihnen dafür Sportsmützen. Man riss ihnen die Knöpfe von der ganzen Umform. Auf allen Stationen, wo der Zug hielt, schien unser Transport angemeldet zu sein. Dicht gedrängt standen Soldaten und Publikum an den Bahnsteigen und empfingen uns mit fürchterlichem Gejohle und Pfeifen. Man spuckte vor uns aus, drohte mit den Fäusten und machte die Gebärde des Halsabschneiders, rief uns alle möglichen. Schimpfwörter auf Französisch und Deutsch zu. Offiziere und Herren der Gesellschaft kamen zu uns an das Abteil, belästigten uns mit allen möglichen Fragen und machten uns als Urheber des Krieges verantwortlich. Sie schimpften über Kaiser und Kronprinz und die angebliche Militärpartei und hielten uns die baldige Vernichtung Deutschlands vor Augen, sagten, man werde den Kaiser dann köpfen. Ziemlich viel Zuneigung brachte man dem König von Bayern entgegen. Ihn würden die Verbündeten nach dem Kriege zum Kaiser von Deutschland machen. Überhaupt schaute man damals die Bayern noch nicht so grimmig an wie die Preussen.
Eine tätliche Beleidigung traf uns selbst nicht. Wir begegneten zahlreichen Militärtransporten und mussten wohl mit Rücksicht darauf auf mancher grösseren Station stundenlang liegen bleiben. Verpflegt wurden wir nur am Anfang mit ein bis zwei Büchsen Konservenfleisch, Brot und Wasser. Es wurde uns zwar mehrmals bedeutet, auf der nächsten grössern Station sei das Essen für uns gerichtet, doch glaube ich, dass es wegen der sehr feindlichen Haltung der Bevölkerung unmöglich war, uns zu verpflegen. Einmal erhielten wir morgens früh gegen 5 Uhr einem sehr freundlichen Bahnhofskommandanten, der Deutschland bereist hatte und Deutsch sprach, Geld gewechselt, sowie Kaffee und Brot gegen Bezahlung. Ein andermal besorgte uns unsere völlig betrunkene Begleitmannschaft - wohl unter der Wirkung des alles verbrüdernden Alkohols - Bier und Wein. Einen besonderen Schutz gewährte uns unsere Begleitmannschaft nur am Anfang. Später zog sie im Gegenteil auf jeder Station die geschlossenen Vorhänge zurück, damit uns das Publikum anstaunen und beschimpfen konnte, wobei man überall bemerkte, dass das Militär das Publikum nicht in der Gewalt hatte.
So gelangten wir in zweieinhalb Tagen abends über Dijon, Lyon, Tarascon, Nimes, Montpelier nach Perpignan und worden dort von einem Major der Marine und einer Gendarmerie- und Infanterieabteilung in Empfang genommen. Auch hier versuchte das Publikum zu johlen, verstummte aber auf den. ernsten Befehl des Majors. Man brachte uns auf das in der Nähe, gegen die Pyrenäen zu gelegene Fort "Du Sarrat"; man begrüsste uns knapp aber höflich. Die Soldaten wurden von uns getrennt und in grossen weiten Räumen des Forts untergebracht, während wir in eine Kasematte mit Feldbetten kamen. Am 1. Tage erhielten wir wegen weggefallener Vergünstigung Kaffee: "Wissen Sie, den Gefangenen des Siegers behandelt man anders als den Gefangenen des Besiegten." Mannschaftskost; Landwein stand uns unbegrenzt zur Verfügung. Die Offiziere benahmen sich sehr korrekt und kameradschaftlich und sprachen sich in schöner Weise über das offenbar innige Freundschaftsverhältnis mit unsern Marineoffizieren in Tsingtau aus. Der Dolmetscher dagegen sowie andere Unterorgane belästigten uns mit Erzählungen über die angeblichen Erfolge der Franzosen und Russen und allerlei politischen Fragen. Einen Teil des Tages durften wir in einem Teile des Hofes zubringen, wo jeder Rundblick unmöglich war. Vom zweiten Tage ab bekamen wir eine vorzügliche Kost aus einem Gasthause gegen Vergütung von fünf Franken.
Angeblich wegen Platzmangel und der schlechten Unterkunft brachte man uns nach etwa drei Tagen auf die Zitadelle der Stadt Perpignan, eine festungsartig angelegte Erhebung inmitten der Stadt, wo sich grosse Kasernen befinden, die offenbar mit Landwehrtruppen belegt waren. Diese Truppen gingen in ein bis zwei Tage von der Front ab. Auf der Zitadelle waren für uns in einem Magazin zwei Räume notdürftig hergerichtet. Um das Haus herum konnten wir uns Tag und Nacht stets frei bewegen, natürlich unter steter Beobachtung der Bewachungsmannschaften. Auch hier war die Kost gut, wenn auch weniger üppig als auf dem Fort. Offiziere und Ärzte besuchten uns in sehr kameradschaftlicher Weise und versprachen uns Lesestoff und Medikamente. Allerdings kam das freundliche Angebot nicht zur Ausführung, da inzwischen wohl der Befehl Joffres herausgekommen war, der besagte, dass man den gefangenen deutschen Offizieren nur das nackte Leben lassen solle. Wenigstens erklärte uns ein Stabsarzt auf unsere Anfrage: "Wenn wir siegen, was wir hoffen, so können Sie alles haben - schliesslich auch Sekt." Doch trat hier keine weitere Verschlechterung unserer Lage ein, da wir schon in der folgenden Nacht ganz plötzlich abtransportiert wurden.
Die Fahrt ging unter dem gleichen Verhalten des Publikums und Begleitpersonals nach Cette. Nur konnte man schon bemerken, dass die Vorliebe für die Bayern geschwunden war. Als ich auf Befragen sagte, ich sei bayrischer Offizier, schaute man mich mit grossem Misstrauen und wohl auch Enttäuschung an. Im übrigen erschien mir das Publikum ebenso siegesgewiss wie acht Tage vorher. Als ich auf Fragen erklärte, dass wir an unsern Sieg glaubten, schien man uns für verrückt zu halten.
Nach etwa sechsstündiger, langsamer Eisenbahnfahrt kamen wir in Cette, einer südfranzösischen Stadt von 60- bis 70000 Einwohnern, einem mittlern Handelshafen, der an der Mündung des Kanals du Midi gelegen ist, an. Am Bahnhof erwartete uns ein kleiner, überdeckter Transportwagen, in dem man weder stehen noch sitzen konnte. Darin wurden wir nach dem Gendarmeriegebäude gebracht Eine Stunde später kamen dort sämtliche Offiziere und Sanitätsoffiziere der II. Sanitätskompagnie des 21. Armeekorps und ein Arzt vom 2. bayrischen Pionier-Bataillon an, die bei Hermameville gefangen genommen waren. Nach einer weitern Stunde wurden wir im gleichen Transportwagen auf das Fort Richelieu gebracht, nur mühsam vor Gewalttätigkeiten des Publikums geschützt.
Das Fort Richelieu ist ein zweistöckiger, festungsartig mit Mauern und Graben angelegter Bau, auf einer Anhöhe gleich dem Hafen gegenüber gelegen. Es besteht aus einem Mittelbau, der zu beiden Seiten - durch Treppenaufgänge getrennt
- von Pavillons flankiert wird. Ausserdem sind noch Kasematten vorhanden.
Mit den Herren der Sanitätskompagnie - zusammen zwanzig Herren, darunter elf Ärzte - wurden wir in zwei Räumen des ersten Stockes untergebracht. Die beiden Räume hatten Verbindung und gemeinsamen Ausgang durch einen dritten Vorraum. Ausserdem waren im ersten Stock, mit je eigenem Ausgang, noch zwei Stuben vorhanden, von denen die eine als Revier diente. Die Holzdecken waren notdürftig durch Balken gestützt, der Boden mit Steinplatten belegt. Bei unserer Ankunft waren die Räume vollkommen leer. Bereits anwesende deutsche Soldaten brachten uns schlechtes Schilfstroh als Lager, in dem es von Ungeziefer, besonders Flöhen, wimmelte. Einige Decken, nicht für alle ausreichend, erhielten wir nach etwa fünf Tagen; nach weiteren drei bis vier Tagen erhielt jeder der Herren eine Decke.
Gegen Ende September gestattete man uns, Strohsäcke zu kaufen, und am 10. Oktober erhielt jeder gefangene Offizier einen Stroh- und Schlafsack und Kopfkeil, auf Befehl eines Generals, der unsere Unterkunft Mitte September besichtigt hatte. Ebenso wurden Sitzgelegenheiten und Tische erst nach und nach herbeigeschafft. Jeder der Gefangenen erhielt einen Zinnteller, einen Löffel und ein Glas; Messer und Gabel waren verboten. Gegen Abend kam die erste Mahlzeit Französische Soldaten brachten zwei grosse Töpfe; aus dem einen gab es einen halben Schöpflöffel breiartige Suppe, aus dem anderen reichte uns ein Soldat mit seinen schmutzigen Fingern ein kleines Stück Fleisch. In der gleichen Weise bekamen wir mittags und abends in den nächsten Wochen unsere Nahrung. Sie war reichlich gewürzt, das Fleisch oft schlecht und die Beilage nicht durchgekocht. Früh morgens brachte man uns in wasserdichten Tränkeimern einen sogenannten Kaffee, von dem jeder dreiviertel Glas erhielt. In den vordersten Raum stellte man uns schon vom ersten Tag ab als Abort eine Tonne auf. Als nach ein paar Tagen auch dieser Raum belegt wurde, kam der Abort in den kleinen Vorraum vor diesem "Zimmer". Gegen Abend mussten bei Eintritt der Dämmerung alle Läden geschlossen werden. Beleuchtung hatten wir nicht. Ausser uns waren bereits Offiziere im Fort festgesetzt, doch war uns der Verkehr mit diesen strengstens verboten. Überhaupt konnten wir in der ersten Zeit unsere Stuben nicht verlassen. Nur morgens zwischen 5 und 7 Uhr durfte man sich truppweise im Hof an der Wasserleitung waschen und selbst sein Essgeschirr spülen. Mehrmals fiel auch diese Reinigung ganz aus. Unsere Wäsche mussten wir uns bei Bedarf selbst waschen. Das Wasser war sehr schlecht. Der Genuss desselben, zusammen mit der engen und schlechten Unterkunft, dem schlechten Essen und mangelndem Ausgang sowie die unhygienischen Abortverhältnisse brachten es mit sich, dass in kurzer Zeit nach und nach etwa zweidrittel der Offiziere an ruhrartigem Darmkatarrh schwer erkrankten. Auch ein Typhusfall kam vor und zwei Fälle von Rheumatismus. Diese Kranken ärztlich zu behandeln, war sehr schwierig, da uns fast nichts zur Verfügung stand als einige Arzneimittel, die einer oder der andere mühsam gerettet hatte. Verlangte Arzneimittel erhielten wir erst einige Wochen später. Es ist wohl dem von vornherein guten Gesundheitszustand der Erkrankten zuzuschreiben, dass kein Todesfall vorkam.
Wir Ärzte wurden ebenso wenig wie die Offiziere beschäftigt, trotzdem es Kranke und Verwundete sowohl auf Fort Richelieu als auch - wie wir gelegentlich erfuhren - in Castelnauftary (400 Mann) genügend gab. Dies ging so weit, dass ein deutscher Offizier auf Fort Richelieu mit einem Splitterschuss des Oberarms infolge mangelhafter Behandlung starb (Hörner, 23. I.-R.), trotzdem er wiederholt nach einem deutschen Arzt verlangte.
Der Ausblick auf das offene Meer, auf dem Fischerflottillen kreuzten, sowie auf den Hafen bot uns die einzige Abwechslung in der Einförmigkeit, besonders wenn dort Kolonialtruppen landeten und von dort französische Territorialtruppen nach Algier verladen wurden. Gelandet wurden im September zirka 20- bis 30000 Mann. Die zuletzt angelangten Neger - sagte man uns - seien überhaupt mit der Schusswaffe nicht ausgebildet.
Daneben brachte uns das zum Fort heraufströmende Publikum reichlich Aufmerksamkeiten in Gestalt von Beschimpfungen, Pfeifen und Spottliedern und machte die Gebärde des Hängens und Halsabschneidens.
Mit den Herren, die in den übrigen Zimmern untergebracht waren, konnten wir mit der Zeit in Verkehr treten, und ausser dem obern Hof durften wir später auch eine kleine Terrasse sowie den untern Hof benutzen. Zeitungen waren strengstens verboten. Ab und zu gelang es jedoch deutschen Soldaten, sich auf verbotene Weise ein Blatt anzueignen, so dass wir doch einigermassen erfuhren, was draussen in der Welt vorging, allerdings mit französischen Augen gesehen. Vervollständigt wurden die Berichte durch Erzählungen der Wachmannschaft. Bericht von deutscher Seite erhielten wir, so oft wieder gefangene deutsche Offiziere ankamen. Anfang Oktober betrug unsere Zahl 73 (einschl. Offizier-Stellvertreter).
Die am Anfang unserer Gefangenschaft unter der Wachmannschaft bestehende Siegeszuversicht schien bedeutend an Festigkeit nachzulassen. Am Ende hoffte man ja auch noch auf den Sieg, doch war die Stimmung der Leute sehr gedrückt, besonders nachdem sie Gewissheit hatten, dass auch der Landsturm bis zum Alter von 48 Jahren zur Front müsse.
Auf unsere Beschwerde, die ein Geistlicher vertrat, wurde nach einiger Zeit wenigstens am Tage und später auch in der Nacht der Abort aus dem Zimmer entfernt. Nach und nach wurde auch gestattet, uns täglich eine Stunde im Hofe frei zu bewegen. Diese Frist verlängerte sich später auf zwei und dann auf drei Stunden, und schliesslich wurde uns stillschweigend das Zugeständnis gemacht, uns nach Belieben am Tage hier zu bewegen. Nachts dagegen blieben die Türen der Zimmer streng geschlossen.
Der Kommandant des Forts und des in Cette liegenden Landwehrbataillons, Herr Antoine Campagne, trug gegen Mitte September dafür Sorge, dass uns das Essen aus einer Wirtschaft der Stadt heraufgebracht wurde; desgleichen gestattete er, dass wir Lebensmittel, Wein und Wäsche aus der Stadt kaufen konnten. Es war uns erlaubt, alle zehn Tage einen Brief nach Hause zu schicken. Geld konnten wir uns bis zu 100 Franken auf einmal schicken lassen, das uns immer ausgehändigt wurde.
Während wir, wie angedeutet, Herrn Campagne, einem äusserst liebenswürdigen Herrn, vielfach die Erleichterung unserer Lage zu danken hatten, tat Oberst Audier alles, um uns das Leben zu verbittern. Der Oberst liess sich alle fünf bis acht Tage sehen, liess uns im Hof in Linie antreten und verlangte gegen die französische Gepflogenheit, dass wir alle - auch ein alter Major und ein Oberstabsarzt - in strammer Haltung vor ihm stünden, besichtigte uns und unsere Kleider und machte seine Glossen. Z. B. fragte er den Oberstabsarzt, warum er heute nicht rasiert wäre, bei einem andern hielt er sich über den Haarschnitt auf usw. Bei den Anfragen der Ärzte nach Auslieferung nahm er uns jede Hoffnung; bei Hinweis auf die Genfer Konvention zuckte er mit den Achseln und verzog das Gesicht zu einem höhnischen Lächeln. Unsern Einwand, den wir schriftlich an das Kriegsministerium, ungefähr am 9. oder 10. September eingaben, legte er uns meines Wissens am 23. September wieder vor mit der Aufforderung, das Datum zu ändern. Die Verfügung des Kriegsministeriums, die Ärzte und einen Apotheker zu entlassen, traf am 12. Oktober auf Fort Richelieu ein, und er brachte es fertig, uns noch bis zum 30. Oktober zurückzuhalten, überhaupt trug sein ganzes Benehmen den Stempel des Hasses und der Missachtung gegenüber den deutschen Offizieren. Um so lächerlicher erschien sein Benehmen bei unserer Entlassung, wo er mit vielen Worten um gnädigen Bericht aus der Heimat ersuchte.
Was unsere Mannschaft anbelangt, zuerst etwa 60, später 20 Mann, so wurden sie in der gleichen Weise verpflegt wie die französischen Soldaten. Ab und zu war auch ihr Essen mangelhaft. Die Unterbringung war die gleiche wie die der Offiziere, nur dass sie keine Strohsäcke bekamen. Auch bei den Mannschaften kamen einige Fälle von schwerem Darmkatarrh vor. Soweit wir sonst noch etwas in Erfahrung bringen konnten, wurden die gefangenen Mannschaften in ihrem Berufe sowie in der Landwirtschaft oder zum Strassenbau verwendet.
Die Lebensweise der letzten Wochen, besonders die Gelegenheit, sich zu waschen, zusammen mit dem milden Klima und der schönen Sonne, brachte es mit sich, dass sich alle Gefangenen wenigstens körperlich gut erholten.
Anfangs Oktober machte die französische Regierung den Offizieren, die bis zum Kriegsende in Gefangenschaft bleiben mussten, den Vorschlag, nach Korsika überzusiedeln, woselbst sie an einem gesunden Ort untergebracht seien und gegen Ehrenwort völlige Bewegungsfreiheit hätten. Nach genügenden Erkundigungen machten auch fast alle Offiziere von dem Angebot Gebrauch und wurden am 24. Oktober nach Korsika gebracht. Wie schon erwähnt, konnten auch wir - 14 Ärzte und ein Apotheker - am 30. Oktober dem Fort und ganz Frankreich den Rücken kehren.
Nicht freigelassen wurden die Offiziere der Sanitätskompagnie und sämtliche Sanitätsmannschaften.
Unser Rücktransport, ging glatt von statten. Es wurde uns von Cette bis Lyon ein Wagen zweiter Klasse zur Verfügung gestellt. Unterwegs wurden wir gut verpflegt. Das Publikum verhielt sich vollkommen ruhig. Die Fahrt durch Frankreich nach Genf dauerte vom 30. Oktober früh 4 oder 5 Uhr bis 31. Oktober mittags 12 Uhr.
Schon in Cette hatten wir erfahren, dass alle Landsturmtruppen bis zum Alter von 48 Jahren zur Front abgingen. Wir machten auf den einzelnen Stationen, wo der Zug hielt; die Wahrnehmung, dass alte Leute eingezogen wurden oder dass Truppentransporte mit alten Mannschaften abgingen. Die Stimmung schien allgemein gedrückte zu sein.
Unsere Aufnahme in Genf war vonseiten der schweizerischen Begleitmannschaft herzlich, vonseiten des Publikums höflich aber kühl. Herzlich wurde die Begrüssung bei unserer Fahrt durch die deutsche Schweiz, ungefähr von Bern an. Besonders in Basel wurden wir von der deutschen Kolonie aufs liebenswürdigste empfangen und untergebracht. Als wir am ändern Tage früh von Basel wegführen, begrüssten uns sehr viele Leute mit Hurrarufen und brachten Liebesgaben.
Am 1. November kamen wir wieder über die deutsche Grenze.
Es erübrigt sich nur noch, über die Behandlung, die den ändern auf Fort Richelieu in Cette gefangenen Offizieren und Offizier-Stellvertretern während ihres Transportes zuteil geworden ist, zu berichten.
Fast übereinstimmend sagten diese Herren, dass sie von der fechtenden Truppe gut behandelt worden seien, und alle heben rühmend das Verhalten der Jäger and Alpins hervor. Die schlechte Behandlung begann, sobald die vorderste Linie überschritten war. Die meisten der Offiziere - Graf von Courten, 23. B. L-Rgt. Götz, 23. B. I.-Regt., Stark, B. R.-I.-Regt. Nr. 5, Merkel, 22. B. I.-Regt., Becker, 22. B. L-Regt., Schütter, 22. B. I.-Regt., Demling, 2. B. Jäg.-BatL, Speiser, 5. B. I.-Regt. u. a. - wurden von Soldaten und Publikum angespuckt und geschlagen. Von Einzelberichten sind besonders folgende bemerkenswert:
Leutnant Söldner vom 2. B. Train-Batl., der mit mir gefangen genommen wurde, wurde auf einer Station vor Nancy mit einem Messer angefallen und erhielt einen Stich in die Gegend unterhalb des linken Auges. Ein französischer Hauptmann bat wegen des Vorfalls um Entschuldigung.
Die Herren von der II. Sanitätskompagnie des 21. Armeekorps wurden in Macon mit Steinen beworfen und dabei die Fensterscheiben des Abteils zertrümmert; es wurde auf sie geschossen, der Oberstabsarzt wurde angespuckt und die Mütze wurde ihm durch das Publikum vom Kopfe gerissen.
Leutnant d. R. Federl, B. I.-Leib-Regt, geriet bei einem Patrouillengang allein in französische Gefangenschaft. Der französische Offizier drohte ihm mit sofortigem Erschiessen, falls er nicht sofort verraten würde, wo seine Kameraden auf ihn warteten. Die Drohung wurde jedoch nicht ausgeführt, als Leutnant Federl sich weigerte, den Standort zu nennen. Er wurde ohne Grund von Dijon bis Lyon, an. einen Soldaten gefesselt, transportiert, in einem Viehwagen ohne Sitzgelegenheit; er wurde vom Publikum geschlagen, und die Begleitmannschaft liess es ruhig zu. Bei dem Transport durch Cette wurde er geschlagen und mit Steinen beworfen, der Helm wurde ihm heruntergerissen. Ferner wurde er vollständig ausgeplündert Als er auf einer Station den Abort aufzusuchen verlangte, folgten ihm neben den begleitenden Soldaten Damen des Roten Kreuzes nach, die Aborttüre blieb offen, und die Damen (!) schauten ihm zu, wie er sein Bedürfnis erledigte.
Dem Leutnant d. R. Schröder, 9. B. I.-Regt., nahm ein Capitain alle seine Sachen ab, steckte sie ein, bzw. band sie sich um.
Oberleutnant Herffs, 11. B. Feldart.-Regt., hatte einen Verwundeteentransport nach Trouxville und fiel dabei in französische Hände. Er wurde von einem Ort zum andern transportiert. Französische Ärzte kamen immer zu dem Transport, aber trotz wiederholter Bitte wurde den Verwundeten keine Hilfe gebracht. Sie standen stundenlang in St. Nicolas du Port in der Sonnenhitze im Hofe einer Ambulanz; auch hier waren Ärzte vorhanden, ohne irgend etwas zu tun. Ein Infanterist vom 9. Regt. starb dabei. Vor Nancy in einer Schule wurde verbunden. Dabei stürzten sich französische Soldaten auf die Verwundeten: Offiziere nahmen denselben alles ab: Uhren, Ringe, Taschentücher, sogar Lebensmittel, und verteilten dies unter die Soldaten, um sie zu beruhigen. Sie wurden angespuckt, verprügelt und mit Steinen beworfen.
Hauptmann von Wedel, 28. I.-Regt der mit dem Offizier-Stellvertreter Degen, 118. Landw.-Regt., befördert wurde, hatte einen Bauch-, Schalter- und Armschuss und lag im Spital zu Vitry. Er wurde ausgeplündert und wegen Fluchtverdachts (!) gefesselt im Viehwagen befördert. Es war den Gefangenen verboten, sich aufzustellen und zu sprechen, wobei der Traasportführer mit den Worten drohte:
"Wenn ihr das Maul nicht haltet und liegen bleibt, schlage ich euch den Schädel ein !" Im gleichen Transportwagen befanden sich ausserdem noch degradierte Soldaten und Verbrecher. Auf einer Station wurde Wedel ein Stück Brot angeboten; eine Dame vom Roten Kreuz duldete jedoch die Verabreichung nicht und sagte für deutsche Soldaten hätten sie kein Brot.
Leutnant Jakob Müller, 23. B. I.-Regt., kam erst am 12. Tage in ärztliche Behandlung und mit ihm etwa 35 Verwundete, obwohl vom dritten Tage an drei französische Ärzte im Spital waren. Seine Wunde eiterte, und er kam schliesslich in das Spital 13 in Cette. Die Behandlung dort schilderte er als ausserordentlich mangelhaft und schlecht. Ärzte bekümmerten sich überhaupt nicht um die Wunde. Ein Sanitätsunteroffizier spülte dieselbe mit dem gleichen Irrigator aus, mit dem er Einläufe machte. Auch die Verpflegung, die die Deutschen bekamen, war sehr geringwertig, während die nebenanliegenden französischen Soldaten eine vorzügliche Kost bekamen. Das Gleiche bestästigt auch Leutnant d. R. Schmähling vom 22. B. I.-Regt, der wegen Darmkatarrh im Spital 13 lag. Als er unter Hinweis auf seine Leiden um eine andere als die übliche Kost bat, gab man ihm mehrere Tage nur Tee zu trinken und dann als erste Mahlzeit Kartoffelsalat.
Leutnant Willy Schmidt vom 6. Cheveauleger-Regt. fiel verwundet in die Hände der Franzosen. Er wurde beraubt, Ring sowie Börse mit 40 Mark Inhalt wurden ihm abgenommen. Seine Stiefel, die er in Nancy einem Offizier abgab, ferner Taschenuhr, Füllfederhalter kamen alle abhanden. Sein Waffenrock wurde ihm in vollständig verschmutztem Zustande bei dem Verlassen des Spitals zurückgegeben. In Spital Cette 13, wo er lag, bekam er ein schlechtes Essen, das er ohne Gabel und Messer zu sich nehmen musste. Auch er klagt sehr über die ärztliche Behandlung.
Auf diese Liste gehört auch das Schicksal der Leutnants Körner und Paul, die beide einen Splitterschuss des Oberarms hatten und infolge der stümperhaften Behandlung sterben mussten, wiewohl ihnen deutsche Ärzte hätten Hilfe bringen können.
Sehr viel zu leiden hatten auch Leutnant d. R. Rummel und Stamer vom 23. B. I.-Regt und ein Offizier-Stellvertreter, die in der Schlacht von Hermanoville schwer verwundet wurden, (1. Lungenschuss, 2. Hals- und Schulterschuss, 3. Beckenverletzung.) Trotz ihres grossen Blutverlustes, infolgedessen sie von einer Ohnmacht in die andere fielen, transportierte man sie - nur notdürftig verbunden - in einem Viehwagen von Bayonne bis Castelnautary, zirka 700 bis 800 Kilometer. In Dijon wurden sie ausgeladen und in Tragbahren auf die Bahnhofshalle gestellt. Die Wache erlaubte Mannschaften und Zivilpersonen den Zutritt, und dabei wurde Leutnant Stamer vom kleinen Finger ein wertvoller Ring geraubt. Im Halbdunkel drangen drei Unteroffiziere mit gezogenem Messer auf die Verwundeten ein und wollten ihnen den Hals durchschneiden. Nur dem zufälligen Dazukommen eines Arztes verdanken sie die Vereitelung des Verbrechens. Ein französischer Sergeant nahm Leutnant Stamers Mütze weg, setzte ihm eine vollständig beschmutzte Zipfelmütze auf und rief in der Halle aus: "C'est un empereur Guilleaume le Grand II" Im Lazarett von Castelnautary wurden sie dann mit etwa 300 bis 400 andern Leuten untergebracht. Das Verhalten dort spottet jeder Beschreibung. Nach der ersten guten ärztlichen Versorgung liess sich am fünften Tage ein Arzt sehen, kümmerte sich aber nicht um die Verwundeten. Diese machten sich die Verbände notdürftig selbst, oder liessen sie von schlecht geschultem Unterpersonal anlegen. Die Verpflegung bestand morgens in einer kleinen Tasse schlechten Kaffees, der vierzehn Tage überhaupt nicht genommen wurde. Mittags gab es eine Brühe mit Brotbrocken, ein kleines Stück Fleisch, das meist ungeniessbar war. Abends oft nur halbweichgekochte Bohnen. Als die Schwerverwundeten infolgedessen sehr herunterkamen, legte man jedem pro Tag ein Ei zu, das aber wieder in Wegfall kam, als die Nachricht von der Beschiessung der Kathedrale von Reims bekannt wurde. Als die Verwundeten wieder gehen konnten, wurde ihnen jede Bewegung in freier Luft untersagt; nicht einmal am Tage durften sie sich zeigen.
Die schlechte Verpflegung und ärztliche Behandlung dauerte auch zu der Zeit noch an, als ich nach Deutschland zurücktransportiert wurde.
Zusammenfassen kann ich die Missstände in der Gefangenschaft in Frankreich in folgende Punkte:
1. Beschimpfung und tätliche Beleidigung während des Transportes unter Bedrohung des Lebens.
2. Beraubung und Ausplünderung.
3. Mangelhafte und unhygienische Unterkunft, besonders am Anfange.
4. Schlechte ärztliche Behandlung und Verpflegung der Verwundeten und Kranken.
5. Zurückhaltung der Ärzte über die wirklich notwendige Frist - sozusagen in Sträflingshaft - ohne sie gemäss der Genfer Konvention mit der Behandlung und ärztlichen Versorgung der eigenen Verwundeten und Kranken zu betreuen.
6. Zurückhaltung des gesamten unter der Genfer Konvention stehenden Sanitätspersonals.

 

Die "Liller Kriegszeitung" 1914-1917

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